Die abenteuerliche Zukunft – In wieweit ist ‚Interstellar‘ realitätsbezogen?

Die abenteuerliche Zukunft – In wieweit ist ‚Interstellar‘ realitätsbezogen?

20. September 2023 1 Von Alina Cornelius

In der zeitlich nicht definierbaren Zukunft des Films sind die Lebensbedingungen der Menschen nicht ausreichend, um weiterhin auf der Erde leben zu können.

Die Menschen leiden unter zunehmender Nahrungsknappheit durch Pflanzenkrankheiten. Zudem verschlechtern sich die Umweltbedingungen, wobei Sandstürme vorkommen.

Die Existenz der NASA ist nicht mehr offiziell. Allerdings operieren sie weiter und suchen Lösungen, um die Menschen auf einen anderen Planeten bringen zu können. 

48 Jahre zuvor wurde ein Wurmloch in der Nähe des Saturns gesichtet, welches in eine andere Galaxie führte. Ein weiteres Wurmloch wurde nun gefunden und soll von dem ehemaligen NASA-Piloten Cooper und weiteren Wissenschaftlern durchflogen werden.

Cooper muss sich zwischen seiner Familie und der Rettung der Menschheit entscheiden, da es nicht vorhersehbar ist, ob es eine Rückkehr des Teams geben wird und zu welcher Zeit diese geschehen würde.

Am Skript des Films ‚Interstellar‘ wirkten einige Physiker mit, unter anderem Kip Thorne, Astrophysiker, Nobelpreisträger und Spezialist im Bereich der allgemeinen Relativitätstheorie. Er stellte die Bedingung eines wissenschaftlichen Ursprungs in jeder Spekulation und Christopher Nolan, der Filmregisseur, stimmte zu, solange dies nicht die Filmproduktion im Weg stehen würde.

So halten sich einige Stellen des Films an die Physik und andere wiederum, handeln sich um reine Fiktion.

Das Wurmloch

Das gesichtete Wurmloch sollte dazu dienen, in eine andere Galaxie gelangen zu können, um einen weiteren Planeten mit ähnlichen Möglichkeiten zum Leben zu finden, wie die Erde. Allerdings ist eine Existenz eines Wurmlochs noch nicht bestätigt. Dr. Frank Ohme, aus dem Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Hannover, kann dies bestätigen.

Laut Dr. Frank Ohme ist die Erklärung für ein Wurmloch, dass zwei Standorte, welche von einander entfernt sind, in eine andere Dimension gebracht werden. Eine einfache Darstellung kann einem dabei ein Blatt Papier bieten, worauf zwei Punkte gemalt sind. Beide Enden des Papiers müsste man aufeinander falten, sodass sich diese beiden Punkte berühren und die neue Dimension ergeben. Allerdings geht dies über die Relativitätstheorie hinaus, da dies eine extra Dimension bräuchte, inklusive der dreimal Raum- und einmal Zeit-Dimensionen.

Das schwarze Loch, Gargantua

Anders als das Wurmloch, ist die Existenz eines schwarzen Lochs bewiesen. Ein schwarzes Loch ist ein sehr gekrümmter Raum. Nichts kann ihm entweichen, wenn es sich zu weit im Inneren befindet. Zudem nehmen schwarze Löcher Raum und Zeit ein, wodurch sie die stärkste Gravitation darbieten.

Zwei Planten, von Miller und Dr. Mann, fliegen im Film um das schwarze Loch, Gargantua. In der Realität wurden Planeten um schwarze Löcher noch nicht gesichtet, denn nach jetzigem Stand des Wissens wird alles, was sich zu nah am schwarzen Loch befindet, nach einer gewissen Zeit hineinfallen und verschwinden.

Dr. Frank Ohme stellt die Vermutung auf, dass es stabile Orbits um schwarze Löcher geben könnte, wie es sie auch bei der Sonne gibt. Dies hängt von der Größe des schwarzen Lochs ab. Desto größer es ist, desto weniger stark wären die Kräfte und Objekte würden nicht sofort auseinander gerissen werden. Jedoch handelt sich diese Version um keine bereits Bewiesene. 

Zum Ende des Films befindet sich Cooper ohne sein Raumschiff im schwarzen Loch. Er wird nicht auseinander gezogen, da er sich noch nicht so nah am Ereignishorizont befindet. Da Gargantua sehr groß ist, ist der Unterschied zwischen der Kraft, die ihn auseinander ziehen würde, nicht so groß. Allerdings wäre diese Kraft viel größer, wenn es sich um ein normal großes schwarzes Loch aus der Relativitätstheorie handeln würde, erklärt Dr. Victoria Grinberg, Astrophysikerin bei der ESA. 

Außerdem ist es auf Coopers Reise durch Gargantua komplett dunkel. Dr. Frank Ohme erklärt, dass das Licht in Wirklichkeit von außen normal zu erkennen sein müsste.

Er erklärt auch, dass wenn wir uns vor einem schwarzen Loch befinden würden, Licht auf uns zu fliegen würde. Mit der Rotation des schwarzen Lochs wird die Frequenz verschoben, anders als das Licht auf der anderen Seite, welche gegen die Rotation verläuft. Beispielsweise wäre dann die linke Seite des schwarzen Lochs heller als die rechte. Im Film wird es allerdings anders gezeigt.

Das Bild wurde für den Film attraktiver gemacht, denn diese Darstellung unterscheidet sich von der aus der Realität. Es wurden verschiedene Versionen von Gargantua für den Film entwickelt, allerdings hat sich Christopher Nolan für die schönste entschieden, da er verhindern wollte, dass sich die Zuschauer fragen, weshalb die eine Seite dunkler ist. Sein Ziel war es, dass sie es einfach nur bewundern. Die Wissenschaftler Dr. Frank Ohme und Dr. Victoria Grinberg, tun dies auch, obwohl sie bei vielen Einzelheiten die dargestellte Physik des Films bezweifeln.

Auf dem Wasserplanet, welcher sich mit Dr. Manns Planet am schwarzen Loch befindet, könnte kein Wasser enthalten sein, erklärt Dr. Frank Ohme, da das Wasser durch die Akkretionsscheibe des schwarzen Lochs verdampfen würde.

Kryokonservierung

Zudem funktioniert die Kryonik, das Gefrieren von Organismen oder einzelnen Organen, erst nur bei Zellen, wie Keimzellen ( Eizellen und Spermien ). Schon auf Zellebene ist dies ein komplexes Verfahren. Organe bestehen aus verschiedenen Zelltypen, wodurch sie unterschiedliche Gefriereigenschaften besitzen. Beim Gefrieren müssen Eiskristalle verhindert werden. Dies wird erschwert, wenn die Organe unterschiedliche Gefriereigenschaften haben. Zudem ist das Gewebe der Organe dicker als bei einzelnen Zellen, weshalb die „Frostschutzmittel“ schlechter durchdringen können. Bisher gibt es noch kein entwickeltes Verfahren um Organe einfrieren zu können, geschweige denn ganze Menschen. Daher ist die Kryokonservierung von Dr. Mann noch nicht möglich.

Die fünfte Dimension

Als Cooper sein Raumschiff verließ und seine Reise durch das schwarze Loch allein weiterführen musste, gelang er nach einer gewissen Zeit in die fünfte Dimension, im Bücherregal seiner Tochter Merve. Laut Dr. Frank Ohme wurde diese Möglichkeit physikalisch noch nicht bewiesen, denn es gibt in der klassischen Theorie nur vier Dimension, davon sind drei Raum und eine Zeit. Durch Raum kann man sich vor- und zurückbewegen, allerdings hat Zeit nur eine Richtung, nämlich nach vorne.

Als sich Cooper in Merves Bücherregal befand, kommunizierte Cooper mit Hilfe von Gravitationseffekten mit TARS. Er besaß Daten, womit die Verbindung aus Relativitäts- und Quantentheorie vervollständigt werden soll. Diese Daten schickt Cooper Merve durch Gravitationskommunikation in die Vergangenheit. Jedoch ist physikalisch bewiesen, dass Zeit nur nach vorne gehen kann. Dr. Frank Ohme spekuliert, dass dies und die fünfte Dimension vielleicht durch quantenmechanische Tunnel entstehen könnte, die in einer Weise auch die  Zeitdimension beeinflussen.

 

Kip Thorne schrieb das Buch „The Science of Interstellar“, in dem er in den Kategorien „etablierte Wissenschaft“, „starke Annahmen“ und  „Spekulationen“ alles aus dem Film durchgeht. Zu den „Spekulationen“ gehören als Beispiel die Wurmlöcher. Er sagt dazu : „Sie sind zwar unwahrscheinlich, aber dennoch möglich, nach allem was wir bisher wissen“. Zu der Frage, ob es irgendwann möglich wäre, mit Hilfe von Wurmlöchern durch das Universum reisen zu können, kommentiert er in einem Interview von Ralf Nestler im Tagesspiegel, dass die Wahrscheinlichkeit sehr gering wäre und er diese auf ein Prozent schätzen würde.

Der Film ‚Interstellar’ ist mit einigen Motiven beschmückt, wie zum Beispiel, dass wir Menschen zwar auf der Erde geboren sind, es allerdings nicht heißt, dass wir hier auch sterben müssen. Damit wird dieses Motiv auf das Zitat von Konstantin Eduardowitsch Ziolowski verwiesen:

„Es stimmt, die Erde ist die Wiege der Menschheit,

aber der Mensch kann nicht ewig in der Wiege bleiben.

Das Sonnensystem wird unser Kindergarten.“

-Konstantin Ziolowski

 

Der Film Interstellar ist meiner Meinung nach ein wunderschöner Film, welcher eine tolle Reise durch eine abenteuerliche Zukunft bietet, die viel mit Möglichkeiten, Spekulationen und wissenschaftlich bewiesenen Theorien zusammenhängt.