„Ich bin A26877“

„Ich bin A26877“

14. November 2019 0 Von Friederike Voß

Auch dieses Jahr hatten die Geschichts- und AbiBac-Profile der Oberstufe die Möglichkeit, sich die Geschichte einer Zeitzeugin des Zweiten Weltkriegs und der Judenverfolgung anzuhören. Dafür versammelten sich die Schülerinnen und Schüler am 6. November in der Denkmalturnhalle, damit ihnen die 87-jährige Eva Szepesi die schrecklichen Ereignisse ihrer Kindheit und Jugend nahe bringen konnte.

Mit nur elf Jahren floh sie gemeinsam mit ihrer Tante von ihrem Zuhause in Budapest, nachdem sie Anfeindungen ihrer Freunde und den Abtransport ihres Vaters zum Arbeitsdienst in Weißrussland miterleben musste. Zunächst versteckten sich die beiden in der Slowakei, doch schon bald wurden sie von NS-Offizieren gefunden und in das KZ Auschwitz-Birkenau gebracht. Dort trafen sie gleich mehrere Schicksalsschläge, wie die Trennung von ihrer Tante, der Verlust ihrer geliebten Zöpfe und die Tätowierung ihrer Häftlingsnummer A26877.

Spätestens ab dem Moment, in dem sie von den grausamen Taten der NS-Offiziere berichtete, konnte man in den Gesichtern der Schüler nur noch Fassungslosigkeit erkennen. Beispielsweise erzählte sie, wie eine Offizierin sie auslachte, nachdem sie sich die Lippen verbrannte, als sie, vom Hunger getrieben, aus der kochend heißen Suppenschüssel trinken wollte.

Als sich im Januar 1945 das Ende des Krieges abzeichnete, wurden die Häftlinge auf einen Todesmarsch geschickt. Die nun schon drei Monate lang sich in Haft befindende Eva Szepesi wurde damals im KZ zurückgelassen, da sie zu schwach war, sich zu bewegen und von den Offizieren für tot gehalten wurde. Erst nach über einer Woche, in der sie ohne Essen und Trinken zwischen toten und halbtoten Mithäftlingen lag, wurde sie von einem russischen Soldaten gerettet.

Nachdem sie diese Geschichte mit Hilfe eines Films und ihres Buchs „Ein Mädchen allein auf der Flucht“ erzählt hatte, durften wir noch Fragen stellen. Besonders interessant war, dass sie relativ distanziert über die Ereignisse berichtete. Nach dem Vortrag wurde daher darüber diskutiert, ob diese Abgeklärtheit damit zu begründen ist, dass sie mit ihrer Geschichte abgeschlossen hat, oder ob sie sich noch mitten im Prozess der Verarbeitung befindet und sich aus Selbstschutz so distanziert verhält.

Einen Aspekt hat die geborene Ungarin jedoch gut zu vermitteln gewusst: Wir als Deutsche tragen nicht die Verantwortung für das, was damals passiert ist, doch wir tragen die Verantwortung dafür, dass so etwas nie wieder passiert.