Buch: Mirrorcube – Der schwarze Wind

Buch: Mirrorcube – Der schwarze Wind

8. Mai 2019 Aus Von REDAKTION

Ein ehemaliger Stormarnschüler schreibt seit fast vier Jahren an einer eigenen Geschichte, die auf seinem wahren Leben basiert. In das erste Kapitel gibt er uns nun exklusiv einen Einblick.


Kapitel 1 – 3 Jahre zuvor

‚Wo ist das Zeug?‘ Steven saß in seinem Zimmer und hantierte wie schon öfters an einer Maschine. Ein Gerät, was Wände schmelzen kann, war es dieses Mal. Er saß in einem dunklen Zimmer. Ein kleines vergittertes Fenster ließ dünne Lichtstreifen über den Boden wandern. Zwischen den Schatten und Streifen waren Kreidestriche auf dem Boden. Steven hatte bereits erforscht, zu welcher Uhrzeit sich die Streifen an welcher Stelle im Raum befanden, und hatte eine Sonnenuhr aus einem Fenster und einem Boden gebaut. Er hatte genug Zeit für solche Erfindungen. Schließlich war sein Zimmer nicht ohne Grund vergittert. Sein Haus war nämlich kein Wohnhaus. Steven wohnte in einem Waisenhaus und das schon längere Zeit. Er war mittlerweile bereits 14 Jahre alt. Ein Alter, in dem die Adoptionsrate schon beinahe gleich Null geht. Meistens schreckten die mit Öl befleckten blauen Hosen, die Tarnjacke oder die beiden Narben an seinem linken Ohr die möglichen Adoptiveltern ab. Niemand wollte einen Adoptivsohn, der bei seinem nächsten Versuch das Haus in die Luft jagen könnte. Heute war da noch ein recht ruhiger Tag. Meistens kamen pro Tag zwei oder gar drei Paare, die einen Sohn suchten. Heute hatte Maggie, die Waisenhauschefin, Steven noch nicht einmal gerufen. Er arbeitet nun also an seinem Wandschmelzer. Damit wollte Steven sobald wie möglich aus dem Haus und dann in die Bank einbrechen. Mit genug Geld könnte er eine Reise machen und woanders nach einem Ort zum Leben suchen. So jedenfalls die Theorie.

„Gehst du mit dem Hund raus?“, schallte es von unten von Jules Mutter. „Ja klar, kann ich machen!“, rief sie schon leicht genervt zurück. Jule war ein relativ typisches Mädchen. Kleines Zimmer, viele Poster von allen Lieblingsfilmen von ihr und ein großes Fenster, was allerdings auch mit Plakaten teilweise zugeklebt war. Sie liebte Filme. Besonders Animationsfilme. Und egal wer in ihr Zimmer kam, niemand würde einen Horrorfilm vorfinden. Das war das einzige Genre, das Jule nicht mochte. Ihre Familie war eine einzige Katastrophengeschichte. Ihr Vater war gescheiterter Geschäftsmann. Seit ungefähr 2 Jahren war er schon arbeitslos und suchte nach einem Bürojob, um seine Frau ein bisschen finanziell zu unterstützen. Jules Mutter war Putzfrau. Sie putzte viel und an vielen Orten, wodurch sie meist erst spät abends nach Hause kam und morgens nicht lange blieb. Heute konnte sie sich mal einen Tag frei nehmen, wodurch sie nun die Chance hatte, Jule mit dem Hund Bello rauszuschicken. Jule mochte eigentlich das Spaziergehen im Park in Begleitung von ihrem treuen Freund, aber heute wollte sie sich eigentlich mit Lea, ihrer besten Freundin, treffen und einen Filmeabend machen. Aber dann musste sie halt noch warten. Jule warf sich ’nen Pullover über und ging die Treppe runter.

Max war ein reicher Junge aus dem Südteil der Stadt. Der Südteil war bekannt für seine teuren Luxusläden und Restaurants ohne Ende. In einem der Luxusläden, einem Juwelierladen um genau zu sein, stritt Max gerade mit seinem Vater. „Du musst auch in der Schule aufpassen! Sonst bringt dir dein gutes Haus gar nix!“, schnauzte Max‘ Vater ihn an. Max‘ Noten waren nicht besonders nett anzusehen. Hauptsächlich Vieren. Nur eine Eins. Aber das war in Sport. Max trainierte immer in seiner Freizeit im Garten mit Paintballwaffen. Eine große rote hatten seine Eltern ihm zu seinem letzten Geburtstag geschenkt. Er hatte die nun immer bei sich. Auch in diesem Moment, in dem er seinem Vater am liebsten eine Farbkugel direkt ins Gesicht abfeuern würde. Doch er wusste, dass die Diskussion eh nicht mehr lange geht. Es war schon fast 16:00 Uhr. Und zu der Zeit wird immer der Geldtresor geöffnet und Max wird beauftragt, das Geld zur Bank gegenüber zu bringen. Da der Tresor nicht lange auf sein würde und Max‘ Vater schnelle Abwicklung seiner Geschäfte bevorzugte, würde er dann die Diskussion garantiert beenden.

Ein leichter Nebelhauch schweifte durchs Zimmer. Schummriges Licht kam durch ein abgedunkeltes Fenster in einen Raum, gefüllt mit roten Kissen. Auf einem Tisch stand eine kleine Kristallkugel und neben dieser Kugel saß ein Junge. Adrian war sein Name und er war der Sohn des besten Wahrsagers der ganzen Stadt. Sein Vater konnte alles wahrsagen. Jedenfalls sollten seine Kunden das denken. Interessanterweise passte das sogar meistens. ‚Die Menschen tun einfach immer, was sie denken, was sie tun müssen‘, dachte Adrian oft. Er selber hatte bessere Fähigkeiten. Denn er war ein sogenanntes Medium. Er konnte also Geister spüren und manchmal auch sehen. Das war keine ausgedachte Fähigkeit von seinem Vater. Das konnte Adrian wirklich. Er hatte sogar Freunde im Geisterreich. Mit einem davon wollte er sich gleich treffen und deswegen bereitete Adrian sich gerade ein wenig auf den Kontakt vor. Menschliche Freunde hatte er kaum welche. Er hatte ein Erscheinungsbild wie sein Vater, mit seinen lockeren Jogginghosen und seinen Ketten. Die meisten Kinder mochten so etwas nicht. Aber jede seiner Ketten verstärkte Adrians Spürkraft, wie er sie immer nannte. Also sie abzulegen kam nur nachts in Frage. Adrian schloss seine Sitzung mit der Kristallkugel ab und zog sich an, um nach draußen zu gehen.

Sandra ging wie immer ihre Straße entlang. Eine kleine Straße, die in eine der Hauptstraßen der Stadt mündete. Ihr Ziel war die Bank, in der viele reiche Menschen zusammenkamen und viel Müll in den Mülltonnen hinterließen. Sandra war eine kluge Obdachlose. Sie hatte sich ihr eigenes Reich hinter einer Mülltonne aufgebaut. Sie selbst sagt mittlerweile gar nicht mehr, dass sie obdachlos sei. Sie hatte ja auch ein Haus. Auch wenn es ganz und gar nicht so komfortabel wie eines aus einer reichen Familie war. Und essen bekam sie da nunmal wenig. Also mussten die reichen Männer nur genug in die Mülltonnen werfen. Sandra schlich sich langsam um die Ecke Richtung Bank.

Es ist ein ruhiger Nachmittag und die Sonne steht hoch am Himmel. Die Glocke eines Kirchturms in der Nähe schlägt 16:00 Uhr. Steven hatte seinen Plan leicht verändert, als er seine Maschine fertig gestellt hatte, und wollte nun doch schon heute Nachmittag einbrechen. Tagsüber würde ihn niemand erwarten und die anderen Menschen dort würden die Security ablenken. Steven ging aus dem Waisenhaus mit dem Vorwand, dass er noch ein paar Teile für seine Maschine brauchte. Wie gewöhnlich ließ Maggie ihn raus und er machte sich auf den Weg zur Bank, sein Gerät in ein unauffälliges Tuch gehüllt. Jule geht ebenfalls gerade in Richtung Bank. Sie beobachtet im Gehen auf der anderen Straßenseite einen interessant gekleideten Jungen. Er hat eine weite Jogginghose an und viele Ketten um den Hals. Er scheint auch in Richtung Bank zu wollen. Kurz vorm Eingang kommt Jule ein anderer Junge mit einem Tuch und zwei Narben am Ohr entgegen. Dieser will allerdings nicht direkt in die Bank, sondern geht erst an Jule vorbei und verschwindet dann hinter dem Bankgebäude. Der Typ mit der Jogginghose fängt plötzlich an sich zu freuen und umarmt die Luft. ‚Ok, der is schonmal bekloppt‘, denkt sich Socke und verweilt ein wenig, um Bello sein Geschäft erledigen zu lassen und selber die interessanten Leute zu beobachten. Max hat gerade ein Paket mit Geld bekommen und nun den Auftrag, das Geld unbeschadet zur Bank zu bringen. Er geht aus dem Gebäude und rennt mit voller Wucht gegen ein Mädchen, das gerade über den Weg gerannt kam. Das Paket fällt auf den Boden, das Mädchen auch und Max über beide. Nach einer kurzen Schockstarre springt er auf und hält ihr die Hand hin. „Entschuldigung, darf ich Ihnen hochhelfen?“, fragt er in einem gepflegten Tonfall. „Nein danke, das geht schon“, erwidert sie und richtet sich auf. Ein kurzer Blick auf ihre zerrissene Hose zeigt Max, das es sich hierbei um eine Obdachlose handelt. „Kann ich dir nicht irgendwie helfen?“ „Nein, alles gut“. Sie bewegt ein wenig ihren Knöchel. Sie scheint bei dem Fall umgeknickt zu sein. Plötzlich steht ein großer Mann in schwarzem Mantel und ein kleiner in weißem Anzug hinter ihr. „Du gibst das Portemonnaie wieder her“, brummt der Große und hält die Obdachlose fest. Diese erschreckt sich kurz und tut unschuldig: „Ich habe keine Ahnung, was sie meinen, Sir“ Max nimmt das Paket schonmal wieder an sich, während er das Geschehen beobachtet. „Das Portemonnaie, was du mir gestohlen hast, junge Dame. Gib es wieder her“, quietscht nun der Kleine. Anscheinend war der Große der beiden der Bodyguard von dem Kleineren, vermutlich ein Banker oder ähnliches. „Entschuldigen sie, um was für eine Summe handelt es sich?“, mischt sich Max ein. „Halt dich da raus“, brummt der Große mit einem kurzen Blick auf Max und richtet sich wieder an das Mädchen. Er scheint mittlerweile schon ein wenig ungeduldig zu werden: „Das … Geld … Jetzt“. Max kramt einen Hunderter aus seinem Paket und reicht es zum kleinen Mann. „Reicht das?“ „Wieso… Ja, soviel war in dem Portemonnaie“, antwortet der Kleine. „Dann nehmen sie den und lassen sie das Mädchen frei“ Der Kleine überlegte kurz, nahm den Geldschein und zeigte seinem Gorilla an, das Mädchen loszulassen. „Na gut. Aber wehe ich seh dich nochmal an meiner Tasche, Mädel“. Mit den Worten ziehen die beiden wieder weiter die Straße entlang. „Danke“, sagte das Mädchen. „Gern geschehen. Wie heißt du?“, antwortete Max.

„Sandra.“ „Und wieviel war wirklich in dem Portemonnaie?“ „ähm…“, Sandrah kramt kurz in ihrer Tasche, holt das gestohlene Portemonnaie raus und schaut nach den Geldscheinen. „Circa 130 Euro“, antwortet sie nach einem Moment zählen. Max reißt Sandra das Portemonnaie aus der Hand, nimmt sich hundert Euro heraus und gibt es ihr zurück. „Dann sind wir damit quitt. Ich bin übrigens Max. Und wie ich sehe, bist du obdachlos?“ „hm… Eher oblos. Ein Dach hab ich mir schon selber gebaut“ „Kannst mich ja gerne mal einladen. Aber muss jetzt erstmal das Paket rüberbringen.“ „Darf ich mitkommen?“ „Wenn du nicht zwischendurch noch ein paar Männern Portemonnais klaust, geht das“ „Super. Ich versuch mich zurückzuhalten.“ „Na dann los“, sagt Max und geht leicht grinsend los. Sandra folgt.

Es ist ein relativ normaler Tag in der Bank. Leute kamen raus und Leute gingen raus. Alles ganz normal. Zwischendurch gabs zwar ein kleines Problem mit einer Obdachlosen vor der Bank, aber die schien das geregelt zu haben, denn sie kam gerade mit einem Jungen in die Bank. Den Jungen kannte Angelo, der Chef der Bankfiliale. Er kam wöchentlich, um Geld anzulegen. Er kam gerade zu einem Schalter und legte die normale Prozedur ab. Er stellte das Paket auf den Schalter und die Dame legte eine Quittung auf den Tisch. Max packt ihn ein und er geht wieder raus. Allerdings hat er dieses Mal noch die Dame dabei. Und die scheint sich noch ein wenig umgucken zu wollen. Sie läuft durch die Halle und schaut sich alles an. Plötzlich ertönt ein lauter Knall und eine Frau vor dem Bankgebäude fällt einfach um. Viele Leute fangen an zu schreien. Max erschreckt sich genauso und reißt Sandra mit in einen Gang. Draußen rennen mehrere Leute wahllos umher. Der laute dröhnende Alarm der Bank beginnt die Nachricht „Gefahr“ zu verbreiten und der Tresorraum wird versiegelt. Ein weiterer Schuss. Diesmal wurde ein Mann vor der Bank getroffen. Ein weiterer Schuss und ein Fenster des Gebäudes zersplittert. Jule steht mitten im Getümmel vor der Bank. Überall schreien Menschen, Mütter nehmen ihre Kinder und rennen. Jule schaut sich um und sieht mehrere Schaufenster mit Rollos zufahren. Ihr einzig möglicher Unterschlupf ist die Bank. Sie rennt also hinein. In der Eingangshalle? Nein, immer noch zu unsicher. Sie rennt weiter und kommt in einen Gang. Jule schreit um Hilfe. Plötzlich ein Griff von der Seite und sie findet sich in einer Besenkammer wieder. Ihr Mund wird von einem Jungen zugehalten. „Pscht… Alles wird gut“, sagt Max und lässt langsam Jules Mund los. „Wer… Was…“, stottert Jule „Wir sind auch nur Kunden. Aber hier sind wir sicher“, antwortet Max. Auf einmal fängt der Raum an leicht zu vibrieren und eine der Wände fängt an rötlich zu leuchten „Und was ist das?!“, erschreckt sich Sandra. Die Wand fängt an zu schmelzen und Steven steht vor dem neu entstandenen Loch mit seiner tollen Erfindung. „So meine Scheine… Jetzt komm ich“, sagt er und tritt langsam in den Raum. Nach ein paar Sekunden Fassungslosigkeit scheint Steven aufzufallen, dass er sich nicht im Tresorraum befindet. „Mist… Ein paar Meter daneben“ „Ähm… Und du bist?“, fragt Max in dem Moment, als die Tür aufschwingt, alle in dem Raum aufspringen und ein Typ mit Ketten und Jogginghosen reinkommt. „Hey Ruhe!“, brüllt er sofort und schließt die Tür. „Seid leise.“ Alle fünf gucken sich ein paar Sekunden an und setzen sich dann im Kreis in der Besenkammer hin.

„Also wer seid ihr so?“, bricht Adrian irgendwann die Stille. „Ähm“ „also…“ „Ich bin Max“, sagt Max. „Max Dursbach. Ich bin der Sohn von Michel Dursbach. Dem Juwelier von gegenüber“ „Ich bin Jule Niehus. Und die haben meinen Hund erschossen“, trauert Jule, „Und ihr könnt mich sehr gerne Socke nennen.“ „Ich bin Sandra. Max hat mir eben mit ein paar Typen geholfen und mich hier mit reingezogen. Ich bin zwar obdachlos, aber hab ein Dach.“ „Sagt man dann trotzdem obdachlos?“, fragt Adrian. „Denke schon. Ist ja kein ganzes Haus“, antwortet Sandra. „Ich bin Steven Paw, Erfinder und Waisenkind. Ich wollte eigentlich nur kurz Geld holen und dann abhauen. Wer bist du mit deinen Ketten?“ „Ich? Ich bin Adrian, Adrian Schneider, Medium und Sohn eines Hellsehers.“ „Ach du scheiße“, kommentiert Max leise vor sich hin. „Du hast übrigens ’nen Papageiengeist auf deiner Schulter.“, grinst Adrian. „Max, Jule, Adrian und Sandra“, wiederholt Steven langsam. „Ich hoffe, wir überleben das hier.“ Ein lauter Knall zerstört die Konversation. Jule und Adrian fangen an zu schreien: „Was war das?!“ Max lehnt sich aus dem Loch und guckt raus. Ein Schimpfwort und er bricht in Tränen aus. „Was ist?“, fragt Sandra vorsichtig und guckt mit raus. Nach und nach schauen alle fünf raus und sehen, wie von Max‘ Juwelierladen kaum noch etwas übrig ist. „Was zum Teufel?“, fragt Steven und staunt über das Chaos, was durch die Attentäter entstand. Mittlerweile ist alles ruhig. Vor der Bank ist ein Krater, in dem ein Schild steht. Die fünf krabbeln langsam aus dem Loch und gehen langsam zu dem Krater. „Was war das?“, staunt Steven und im selben Moment hören sie einen Hubschrauber, der auf den Krater zufliegt. Er landet mit einem gewaltigen Rums und die Silouette eines Erwachsenen Mannes erscheint vor den 5 Kindern.

 


Über den Autor:

Steffen Kahl hat 2018 sein Abitur an der Stormarnschule absolviert und ist seitdem Auszubildender Screendesigner.
In seiner Freizeit schreibt er weiterhin an seinen Geschichten und verkauft über seine Website (stevenpaw.de) Grafikdesign für Kleingewerbe und Vereine.