Die Stolpersteinverlegung

Die Stolpersteinverlegung

 

Stolpersteine für die Familie Rath: Feierliche Verlegung in der Waldstraße

Quelle: Ahrensburg24.de, Veröffentlicht am: 22. April 2016

Ahrensburg (ve). Verantwortung für die Erinnerung – die haben Schülerinnen und Schüler der Stormarnschule übernommen. Heute wurden auf der Basis ihrer Arbeit vier weitere Stolpersteine in Ahrensburg verlegt. Sie erinnern an die Familie Rath.

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Verlegung der Stolpersteine für die Ahrensburger Familie Rath vor dem Haus in der Waldstraße 8. Zahlreiche Ahrensburger Bürgerinnen und Bürger verfolgten die Feierstunde.

 

Schafft Erinnerung den Schritt über die Generationen? Wenn es nach den Schülerinnen und Schülern der Stormarnschule geht, ja. “Man muss sich für das Erinnern entscheiden”, so beschreibt es Schülersprecherin Aylin Lehnert. “Unsere Generation muss mithelfen, Alternativen zu den mündlichen Überlieferungen zu schaffen, damit diese Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten.”

Denn Zeitzeugen, die an das Leiden zur Zeit des Nationalsozialismus erinnern können, wird es 70 Jahre nach den Ereignissen bald nicht mehr geben. Die Erinnerung könnten die Stolpersteine leisten, denn, so Lehnert: “Sie erinnern daran, wo das unermessliche Leid seinen Anfang genommen hat – in unserer Nachbarschaft.”

Stolpersteine für die Familie Rath: Die Arbeit der Schüler

Die Klasse 9c und die  Klasse 11f haben sich intensiv mit der Geschichte der Familie Rath befasst. Sie haben mit dem Stadtarchiv und dem Historischen Arbeitskreis sowie mit dem Runden Tisch für Zivilcourage und Menschenrechte, gegen Diskriminierung und Rechtsextremismus und dem Freundeskreis der Familie Rath Informationen ausgetauscht und nun ein Gesamtbild der Geschichte der Ahrensburger Familie gezeichnet.

Dieser Prozess findet nicht nur in der Verlegung der Stolpersteinen ein Ergebnis, sondern auch im Umgang der Schüler mit der Geschichte, Aylin Lehnert: “Jedes Jahr sollen Schülerinnen und Schüler der sechsten Klassen mit den älteren Schülern über das Schicksal der Familie Rath ins Gespräch kommen. So soll das Schickal der Raths in das kollektive Gedächtnis unserer Schulgemeinschaft aufgenommen werden.”

Verlegung der Stolpersteine für die Ahrensburger Familie Rath vor dem Haus in der Waldstraße 8: Dr. Michaela Witte und Schulsprecherin Aylin Lehnert erläutern die Arbeit und Intention des Schulprojektes.

Verlegung der Stolpersteine für die Ahrensburger Familie Rath vor dem Haus in der Waldstraße 8: Dr. Michaela Witte und Schulsprecherin Aylin Lehnert erläutern die Arbeit und Intention des Schulprojektes.

Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse haben diese Geschichte heute bei der feierlichen Verlegung von vier Stolpersteinen für das Ehepaar Rath und ihre beiden Kinder rezitiert. In Ehrerbietung haben sie die Biografien und die Geschichte der Denunziation erzählt. Und direkt vor dem ehemaligen Standort des Hauses der Familie Rath nicht nur die Grausamkeit der Verfolgung gezeigt, sondern auch den feingliedrigen Mechanismus der Denunziation.

Im Rahmen dieser Feierstunde dann kniete der Kölner Bildhauer Gunter Demnig nieder und verlegte vor dem Eingang des heutigen Wohngebäudes in der Waldstraße die vier Steine. “Dieser Rahmen, den die Schülerinnen und Schüler für die Verlegung geboten haben, war sehr angemessen und anrührend”, sagte er im Anschluss. Manches Mal seien es Schüler, die die Verlegung von Stolpersteinen initiieren, erzählt Demnig, nicht immer würde es ihnen so ermöglicht und würden sie so begleitet, wie in Ahrensburg.

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Verlegung der Stolpersteine für die Ahrensburger Familie Rath vor dem Haus in der Waldstraße 8. Der Bildhauer Gunter Demnig bei der Verlegung der Stolpersteine.

Bürgermeister Michael Sarach würdigte das Engagement der Stormarnschüler sowie des Historischen Arbeitskreis und des Runden Tisch in einem Grußwort: “Es steht uns gut an, dass wir an Menschen gedenken, die in einer sehr dunklen Zeit unserer Geschichte ein trauriges, grausames Schicksal erlitten haben.” Dieser Ort des Gedenkens sollte und werde nun auch eine wichtige Station des “Gang des Erinnerns” sein. Auch Bürgervorsteher Wilde rief anschließend die Ahrensburger auf, diese Erinnerung wach zu halten.

Zu der Feierstunde waren viele Schüler sowie die Schulleitung und beteiligte Lehrer gekommen und auch viele Offizielle der Stadt. Vertreter der politischen Parteien genauso wie Vertreter des Historischen Arbeitskreises und des Runden Tisches waren ebenfalls dabei. Durch die Feierstunde leitete Winfried Kümpel-Jurgenowski vom Runden Tisch. Die Rezitationen begleitete ein Schulchor außerdem mit jüdischen Liedern.

Informationen über die Familie Rath

Das Ehepaar Hugo und Veronika Rath hat in der Waldstraße gewohnt, der Arzt Dr. Hugo Rath hat dort ein Ambulatorium betrieben. Wegen des jüdischen Glaubens wurden sie verfolgt. Die in der Ahrensburger Gesellschaft vor allem sozial sehr engagierte und beliebte Veronika Rath hat unter der Verfolgung so sehr gelitten, dass sie sich im Jahr 1938 das Leben genommen hat. Ihr Ehemann ist zwei Jahre später verstorben. Sie haben zwei Kinder hinterlassen. Tochter Dorle Rath hat bis zu ihrem Tod 1989 in Ahrensburg gelebt, Sohn Fritz-Ulrich ist emigriert und nach langen Irrungen quer durch die Kontinente schließlich in Amerika sesshaft geworden.

Das Kunstprojekt Stolperstein des Bildhauers Gunter Demnig

Das Kunstprojekt Stolperstein von Gunter Demnig setzt Verfolgten und Ermordeten des Nationalsozialismus ein kleines und wirksames Denkmal. Vergoldete Pflastersteine werden an den Wohnorten oder wichtigen Orten der Menschen in die Straße eingelassen. Sie erinnern an einzelne Personen und an die Umstände ihres Todes. Aylin Lehnert: “Die Personen werden durch die Erinnerung vor Ort wieder in ihren früheren Alltag zurückgebracht. Mit den Stolpersteinen kann Erinnerung lebendig gehalten werden.” Inzwischen, so informierte Winfried Kümpel-Jurgenowski, in seinen einleitenden Worten, sind es weltweit über 57.000 Stolperstein in 20 Staaten der Erde.